Caterina Granz schreibt Sportgeschichte als einzige deutsche Siegerin der adh-Mannschaft in Kampanien

Erstellt von Jan-Gerrit Keil | |   LG NORD

30. Sommer Universiade Neapel/ITA (8.7.-13.7.19) & 12. U23 Europameisterschaften in Gävle/SWE (11-14.7.19)

Die 30. Universiade war aus Nordlersicht bereits eine Universiade der Rekorde, bevor die Wettkämpfe überhaupt begonnen haben. Konnten doch bisher von 1970 bis 2017 mit Kirsten Roggenkamp, Holger Böttcher, Moritz Höft und Jossie Graumann in 47 Jahren nur vier Nordler überhaupt an den Studentenweltspielen teilnehmen. Für die diesjährige Sommeruniversiade, die nach der Absage Brasiliens für Brasilia erst 2016 mit relativ kurzer Vorlaufzeit nach Neapel umverlegt werden musste, konnten sich mit Caterina Granz über 1500m, den Lauf-Zwillingen Deborah und Rabea Schöneborn beide über die Halbmarathonstrecke sowie Stephan Hartmann im Weitsprung gleich vier 4 Nordler auf einen Schlag qualifizieren. Und es hätte noch besser kommen können, wenn sich Jossie Graumann nicht kurz nach erfolgter Nominierung beim Hochsprungmeeting in Sinn die Achillessehne gerissen hätte. So konnte sie die Reise nach Kampanien schweren Herzens nicht antreten und musste sich stattdessen einer Operation unterziehen. Für die verbleibenden vier Nordler ist es die letzte Chance für einen Universiadestart gewesen, da sie beim nächsten Mal in zwei Jahren alle nicht mehr unter der Altersbegrenzung von 26 Jahren sein werden. Als erste der vier durfte Caterina Granz am Donnerstag-vormittag ihren 1500m-Vorlauf bestreiten. Im ersten von zwei Läufen ließ Cati nichts anbrennen und setzte sich zügig an die Spitze des Feldes. Auf eine 70er Angangsrunde folgte mit zwei Runden in 65 und 67 Sekunden eine moderate Verschärfung, nach 2:25min über 800m standen am Ende 4:19,15min zu buche. Damit gewann Cati nicht nur ihren Lauf, sondern zog auch als schnellste aller zwölf qualifizierten Läuferinnen ins Finale ein. Weniger Glück hatte der Biotechnologie-Student der TU Berlin Stephan Hartmann, der im ersten Versuch 7,46m bei leichtem Gegenwind erzielte. Leider waren der zweite und dritte Versuch im Feld der 37 angetretenen Athleten ungültig, so dass er am Ende bei Rang 19 in der Qualifikation hängen blieb. 7,59m hätte es bedurft um unter die Top 12 zu kommen, eigentlich kein Problem für Stephan, aber nach seinen 7,97m von Weinheim zu Saisonbeginn war die Vorbereitung bei ihm auf Grund kleinerer Verletzungsproblem im Schambeinbereich nicht reibungslos verlaufen. Er bekam nach eigenen Aussagen nicht den richtigen „Zugriff zum Wettkampf“. Sechs Jahre nach seinem letzten internationalen Start konnte er dabei aber viel für die Zukunft lernen. Am Freitag hatten unsere Nordathleten dann einen wettkampffreien Tag, dafür mussten Deborah und Rabea Schöneborn am Samstagfrüh für den Halbmarathon jedoch schon so zeitig aus den Federn, dass sie ihr Frühstück selbst organisieren mussten. Die Frühstücksbar öffnete erst um 6.00 Uhr, aber für einen neapolitianischen Cafe reichte es dann zum Glück doch noch. Die Athleten sind übrigens auf einem großen Kreuzfahrtschiff im Hafen von Neapel untergebracht, da so viele zusätzliche Hotelkapazitäten anders nicht zu bewältigen waren. Eine schöne Idee, die ja für die misslungene Olympiabewerbung von Hamburg auch schon einmal im Spiel war. Der frühe Starttermin ergab natürlich Sinn, denn er herrschten dann um 7.00 Uhr bereits 24 Grad und 78% Luftfeuchtigkeit auf der Strecke, die weitgehend am Golf von Neapel gelegen war. Erstmals starteten die Zwillingsschwestern auch gemeinsam in einem Rennen über die Halbmarathonstrecke. An der Uni gehen sie ähnliche, aber doch nicht ganz die gleichen Wege: während Deborah an der Charité Medizin studiert, hat sich Rabea an der HU Berlin wie Cati Granz für Psychologie entschieden. Für Rabea war es gleichzeitig auch der erste Start im Nationaltrikot. Dieser verlief jedoch gar nicht wie geplant, denn Rabea musste das Rennen mit Fußschmerzen unterwegs aufgeben. Besser erging es Deborah, die selbstbewusst die Spitzengruppe als Führende mit 35:00min durch die 10km-Zwischenmarke führte. Auch die weiteren 10km bis ca. 1:05h konnte sich Deborah in der Spitzengruppe behaupten, die mittlerweile auf 3 Japanerinnen und eine Chinesin zusammengeschrumpft war. Die drei Japanerinnen hatten alle eine 1:11h als Bestzeit stehen und die Chinesin Li Zhixuan eine 1:12:20h, während Rabea mit einer 1:13,00h angereist war. Die Japanerinnen machten gemeinsame Sache und starteten ihre Attacke 10min vor Schluss, so dass Deborah und die Chinesin abreißen lassen mussten. Während vorne der Kampf um den Sieg von Yuka Suzuki in 1:14,10min mit 22 Sekunden Vorsprung entschieden wurde und sich damit die Favoritin klar durchsetzte, konnte Deborah die Chinesin auf dem letzten Kilometer niederringen und mit 1:15,03h einen hervorragenden vierten Platz bei ihrer ersten internationalen Straßenlaufmeisterschaft belegen. 

Am Abend startete dann Caterina Granz um 18:50 Uhr bei immer noch 27 Grad in ihrem 1500m Finale. Bereits die Vorläufe und die Papierform hatten angedeutet, dass im Medaillenkampf die Siegerin des zweiten Vorlaufs Georgia Griffith aus Australien mit einer Saisonbestleistung von 4:05,39min zur schärfsten Konkurrentin für Cati werden würde. Cati ließ sich von der besseren Bestleistung ihrer Gegnerin jedoch nicht beeindrucken, sondern heftete sich gleich an die Fersen der Australierin, die in 69s die ersten 400m absolvierte. Bereits nach zwei Runden führte Cati das Feld in 2:17min um 8 Sekunden schneller durch die 800m-Marke als im Vorlauf. Die dritte Runde war dann in 64s moderat schneller, das Feld reihte sich bereits wie an einer Perlenkette auf und Cati hatte die Australierin immer an ihrer Schulter. Auf der Gegengerade nutzte Cati dann einen Moment der Schwäche von Griffith, um die entscheidenden Meter zwischen sich und ihre Verfolgerin zu legen. Diese kam zwar auf der Schlussgeraden noch einmal leicht auf, aber in 4:09,14min konnte Cati der Goldmedaille mit zwei Meter Vorsprung souverän entgegenlaufen. Es ist ihre erste internationale Medaille auf der Bahn, im Crosslauf konnte sie im Einzel und in der Mannschaft schon sechsmal auf dem Podium stehen. Für das gesamte Team des Allgemeinen Deutschen Hochschulverbandes (adh) war es die erste Goldmedaille in der Leichtathletik und auch die erste Goldmedaille der ganze adh-Mannschaft. Cati hat damit Sportgeschichte geschrieben. Sie ist die erste Nordlerin, die nun im Crosslaufeinzel und über 1500m auf der Bahn gleich zweimal Studentenweltmeisterin werden konnte. Ein unglaublicher Erfolg der Psychologie-Studentin der FU Berlin. Dass sie sogar die einzige Goldmedaillengewinnerin aller Sportarten im adh-Team war, wertet den Titel zusätzlich auf. Die Leichtathleten der adh gewannen insgesamt 9 Medaillen (1-4-4). Das gesamt adh-Team gewann 18 Medaillen (1-9-8) und belegte im Medaillenspiegel nach Medaillen den elften und nach Goldmedaillen den 24. Rang. Gewonnen wurde der Medaillenspiegel mit 82 Medaillen, davon 33 in Gold von den Japanern vor Russland (82 Medaillen), China (43 Medaillen) und USA (52 Medaillen). Man sieht daran, dass die Olympischen Spiele von Tokyo 2020 ihre Schatten bereits vorauswerfen und der Hochschulsport in anderen Nationen eine wesentlich größere Rolle als in Deutschland spielt.

Ergebnisse 30. Sommeruniversiade Neapel/ITA

Datum

Teilnehmer

Disziplin

Leistung

Platz

11.7.19

Caterina Granz (94)

1500m VL

4:19,15min

1. VL

12.7.19

Stephan Hartmann (94)

Weitsprung

7,46m (-1,1)

19. Q

13.7.19

Deborah Schöneborn (94)

Halbmarathon

1:15,03h

4.

13.7.19

Rabea Schöneborn (94)

Halbmarathon

aufgegeben

 

13.7.19

Caterina Granz (94)

1500m Finale

4:09,14min

Gold

Bisherige Universiade Teilnahmen von LG NORD Athleten

Jahr

Teilnehmer

Disziplin

Leistung

Platz

Ort

1970

Kirsten Roggenkamp

4x100m

45,4s

3.

Turin/ITA

1970

Kirsten Roggenkamp

100m

12,0s

VL

Turin/ITA

1989

Holger Böttcher

800m

1:48,39min

5.

Duisburg/GER

2007

Moritz Höft

800m

1:48,95min

HF

Bangkok/THA

2017

Jossie Graumann

Hochsprung

1,88m

4.

Taipei/TWA

 

Lennart erreicht persönliches Ziel mit Rang fünf über die Hindernisse bei U23-EM

Seit 1997 veranstaltet der europäische Leichtathletik-Verband für die Altersklasse U23 Europameisterschaften. In den letzten 22 Jahren haben 2005 mit Norbert Löwa (8. über 3000m Hindernis in 8:49,77min), 2015 mit Jossie Graumann (4. Hochsprung 1,84m) und Marc Koch (Bronze mit der 4x400m-Staffel in 3:05,97min) und 2017 mit Lennart Mesecke (7. über 3000m Hindernis mit 8:50,21min) bereits vier Nordler an den europäischen U23 Titelkämpfen teilgenommen. In diesem Jahr gelingt nun Lennart Mesecke das Kunststück erstmalig zweimal hintereinander teilzunehmen. Ihre einzige Chance, da sie im geraden mittleren Jahrgang der Juniorenklasse geboren ist, nutzte Leonie Reuter im Hochsprung, um in Schweden dabei zu sein. Leider nicht in Gävle ist unser großes Gehtalent Leo Köpp. Er hatte die Normen sowohl für die Universiade als auch die U23 EM locker erfüllt, ein Infekt machte ihm jedoch einen bitteren Strich durch die Rechnung, so dass er aus Gründen der Gesundheitsprophylaxe vernünftigerweise auf einen Start über die 20km verzichten musste. 
Als erste stieg am Freitagmorgen Leonie Reuter bei 11 Grad und Dauerregen in das Wettkampfgeschehen ein. Als 21. der Meldeliste mit 1,84m war eine Qualifikation für das Finale bei 12 gemeldeten Athletinnen mit einer persönlichen Bestleistung jenseits der 1,90m und zwei davon sogar über 2m zunächst unrealistisch erschienen. Bei den schlechter Wetterbedingen war jedoch schnell klar, dass die Höhe zur Direktqualifikation von 1,89m ganz bestimmt nicht gelegt werden würde. Leonie macht zwei saubere hohe Sprünge bei 1,68m und 1,73m im ersten Versuch und plötzlich stand bei 1,78m die Tür zum Finale sperrangelweit offen, da sich viele Athletinnen unerwartet schwer mit den zugegebenermaßen widrigen Bedingungen taten. Leider konnte Leonie nicht in die ihr offerierte Lücke stoßen, so dass die Latte dreimal recht unglücklich fiel, während andere Athletinnen diesen lucky shot beim dritten Versuch über 1,78m für sich nutzen konnten. Am Ende hatte Leonie sich als vierzehnte des Gesamtklassements der 30 angetretenen Springerinnen zwar ordentlich vorgearbeitet, das Finale der in diesem Fall besten 13 jedoch knapp verpasst.
Besser lief es bei Lennart Mesecke über die Hindernisstrecke am Nachmittag, inzwischen schien wieder die Sonne und so wie es sich auf dieser Strecke gehört wurden nur die Füße am Wassergraben nass. Als das Tempo des ersten Vorlaufs zu verflachen drohte, ergriff Lennart selbst die Initiative. Um einer der fünf Direktqualifizierten zu sein und nicht auf die Zeitschnellsten des zweiten Vorlaufs warten zu müssen, setzte er sich nach 1400m kurzerhand an die Spitze des Feldes und sorgte mit wechselnder Führungsarbeit dafür, dass eine Runde vor Schluss das Feld bereits gesprengt war. Als vierter seines Vorlaufs zog er mit 8:56,76min direkt ins Finale ein. Dort trat er dann mit Frederik Ruppert und Robert Baumann zu dritt als deutsches Trio an. Lennart war sich bewusst gewesen, dass seine Aktion ein paar Körner gekostet hat. So lief der Schützling von Ulli Merkert im Finale der 15 Läufer von Beginn an ein sehr kluges und ökonomisches Rennen. Das große Ziel von Lennart war besser abzuschneiden als vor zwei Jahren in Bydgoszcz, wo er auf den siebten Platz gelaufen war. Die ersten 1000m wurden in 3:02min passiert und Lennart hielt sich mit den beiden anderen Deutschen immer zwischen Position 3 und 5 an der Innenseite, so dass er unnötige Wege vermied und auch gute Sicht auf die Hindernisse hatte. Bei 2000m in 6:01min hatte das Tempo nur unmerklich angezogen aber Robert Baumann musste schon etwas abreißen lassen. Zur Freude der Schweden lief nun Simon Sundström in die Spitzengruppe hinein. Als die Glocke läutete, hatte sich eine Fünfergruppe mit den beiden Deutschen in Position gebracht. Im Schlussspurt verkalkulierte sich der hoch gewettete Franzose Alexis Phelut und wurde überraschend von Frederik Ruppert niedergerungen, der mit einem harten Spurt zu Gold regelrecht sprintete. Lennart nahm den letzten Wassergraben ganz sicher, sprang vielleicht etwas zu hoch ab, um auf keinen Fall zu stürzen und musste erkennen, dass der Schwede auf dem Weg zu Bronze enteilt war. Von hinten drückte der Bestzeit laufende Bulgare Balabanov auf der Zielgerade vorbei und schob Lennart kurzzeitig auf den sechsten Rang zurück. Dieser fasste sich jedoch ein Herz und konnte im Sog des Bulgaren den zurückfallenden zweiten hoch favorisierten Franzosen Gilavert vor der Ziellinie noch abfangen. Am Ende stand für Lennart nach einem hervorragenden letzten Kilometer in 2:45min fest, dass er sein persönliches Ziel mit Platz 5 und 8:47,61min erreicht hatte. Es war von der Endzeit das schnellste internationale Finalrennen, das Lennart bisher bestritten hat.
 

Ergebnisse U23 EM

Datum

Teilnehmer

Disziplin

Leistung

Platz

12.7.19

Leonie Reuter (98)

Hochsprung

1,73m

14. Quali

12.7.19

Lennart Mesecke (97)

3000m Hi VL

8:56,76min

4. VL

14.7.19

Lennart Mesecke (97)

3000m Hi Finale

8:47,61min

5. Pl.

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Cati Schulter an Schulter mit ihrer australischen Konkurentin, (c) Arndt Falter
Cati gewinnt Gold in Neapel, (c) Arndt Falter
Lennart (Nr. 14) über 300m Hinderniss in Gävle, (c) Stephan Trzeciak
Debbie beim Halbmarathon in Neapel, (c) Arndt Falter
Cati im Ziel, (c) Arndt Falter