Was macht eigentlich…Helene?

Erstellt von Tow | |   LG NORD

Wir haben lange nichts von unserer inzwischen 16-jährigen Langsprinterin Helene Wiethoff gehört, die letztes Jahr in der Trainingsgruppe von Byron solche Fortschritte erzielt und sich gleich über drei Strecken für die Deutschen U18-Meisterschaften qualifiziert hatte. Helene war im August 2021, einen Berliner 100m-Titel frisch in der Tasche, nach Montreal in Kanada aufgebrochen, um dort ein Schuljahr zu verbringen.

Zusammen mit ihrer Familie hatte sie sich extra eine sportlich orientierte Schule in einem Vorort von Montreal ausgesucht, um ihr Leistungsvermögen nicht zu verlieren, vielleicht sogar weiter auszubauen. Doch schnell sollte sich zeigen, dass die Leichtathletik in Kanada keinen so hohen Stellenwert genießt, sondern im Schatten anderer Sportarten wie vor allem Eishockey steht. Das Training war lange nicht so intensiv, wie es Helene von der LG NORD gewohnt war. Auf dem Schulgelände gibt es zwar eine 400m-Bahn, aber der Belag besteht nicht aus Tartan, sondern Beton. Ein Training mit Spikes war somit unmöglich.

Die Freiluftsaison war noch nicht beendet, als Helene zu ihrer Trainingsgruppe stieß. Aber der Herbst stand vor der Tür, und das heißt in Kanada: Cross Country, und zwar ausschließlich und für alle. Ein Sprint-Training fand überhaupt nicht mehr statt. Helene, die schon die 400m als unmenschlich lang empfindet, zumindest die letzten 100m, musste plötzlich 6.000m laufen! Sie schlug sich wacker, qualifizierte sich sogar für die Provincials, die Québecer Landesmeisterschaft. Aber als Ergebnis dieser monatelangen Spezialisierung war nun auch ihre Statur die einer Langstreckenläuferin. Die Sprint-Muskeln – fast vollständig zurückgebildet.

Als sie bei den ersten Sprint-Versuchen in der Halle kaum noch aus dem Startblock kam, erkannte Helene, dass sie viel aufzuholen hat. Aber wie anstellen, wenn schon das reguläre Training wegen weiterer Corona-Wellen oft genug ausfällt und draußen Temperaturen von minus 20°C herrschen? Sie suchte das Gespräch mit ihrem kanadischen Trainer, der Helenes aus Deutschland mitgebrachte Zeiten angesichts ihres Zustands schon für Flunkerei gehalten hatte.

Doch nun erkannte er den Ernst der Lage und nahm sich Helenes an. Im Zusammenspiel gelang es beiden, Helene wieder in die Spur zu bringen. Der erste Wettkampf war noch ein Desaster, doch dann wurde es nach und nach besser. Im Mai qualifizierte sich Helene locker für die Provincials, die am Wochenende des 11./12. Juni in Rivière-du-Loup am Sankt-Lorenz-Strom stattfinden sollten. Zusammen mit den besten Schülern Montreals – der Sport ist in Kanada eher auf Schul- als auf Vereinsebene organisiert – machte sie sich auf die vierstündige Fahrt. Sie sollte sich lohnen.

Inzwischen kann sich Helene als frischgebackene Québecer Meisterin ihrer Altersklasse über 400m bezeichnen - im Einzel und in der Staffel. Hinzu kamen ein 2. Platz im Dreisprung und ein 4. im Weitsprung. In Zeiten und Weiten konnte sie ihr Potential zwar noch nicht vollständig wieder abrufen, aber die 59,44s über 400m lassen sich durchaus sehen, erst recht, wenn man bedenkt, wo sie vor Monaten stand. Im Winter werden die Meister des Sommers gemacht, heißt es, doch der Winter war für Helene eben fast komplett ausgefallen.

Vor allem jedoch hat Helene in den Monaten der Krise festgestellt, wie viel Spaß ihr die Leichtathletik macht. Sie hat sich fest vorgenommen, nach ihrer Rückkehr nach Deutschland und in den Schoß der LG NORD wieder voll anzugreifen.

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Nun Gold auch in Kanada
Endlich wieder obenauf
„Most Valuable Athlete“ ihrer Schule