6.7.-7.7.2013 DM Männer/Frauen und Jugendstaffeln in Ulm

Sechster 1500m-Freilufttitel für Carsten Schlangen und langersehntes Staffelgold für die 4x400m der U20

Das Donaustadion in Ulm ist für die Athleten der LG NORD Berlin seit jeher ein gutes Pflaster. Hier gab es immer reichlich Medaillen, so gewann Carsten Schlangen im Ulmer Stadion bereits in den Jahren 2006 und 2009 den Deutschen Meisterstitel über 1500m. Dieses Jahr sollte es für ihn bereits der sechste Einzeltitel im Freien über 1500m werden. Nachdem Carsten sich im Vorjahr, durch viele Qualirennen geschwächt, bei den Deutschen Meisterschaften verzockt hatte und damals ungewohnt mit Silber vorlieb nehmen musste, ließ er es diesmal ruhig und routiniert angehen. Im sicheren Wissen vom DLV zur Not auch mit der erfüllten B-Norm und nur knapp verpasster A-Norm nominiert zu werden, sah Carsten keinen Anlass die Gegner in seinem Schlepptau zu einem schnellen Rennen zu ziehen. So dümpelte das Feld der Läufer ein wenig vor sich hin, bis Carsten exakt 300m vor Schluss eine kurze trockene Attacke startete. Sofort hatte er zwei Meter Vorsprung zwischen sich und das restliche Feld gelegt. Diese zwei Meter gab er auch bis zum Ziel nicht mehr ab (hier gibt es das Video zum Lauf). Die Zeit von 3:43,38min war dabei nebensächlich und spielte keine Rolle. Für ihn zählte nur sein sechster Titel über seine Spezialstrecke, damit er sich langsam und in aller Ruhe auf die WM in Moskau vorbereiten kann. Carsten selbst sah die Sache auf leichtathletik.de folgendermaßen:

"Das Rennen war schwierig heute. Ich wusste, dass mit Florian Orth und Sebastian Keiner zwei Leute richtig gut sind. Im Rennen lief es erst ein bisschen zäh, dann wurde es besser. Wir waren nicht schnell. Dann habe ich einfach probiert, die letzten 300 Meter so hart wie möglich zu gehen. Ich habe voll angezogen und versucht zu realisieren, was ich im Training geübt habe. Ich hatte die Leichtigkeit, dieses Gefühl hatte ich lange nicht mehr. Schön, dass es geklappt hat. Jetzt muss mein Körper erst mal ein bisschen runterkommen. Ich hatte diese Woche einen leichten Infekt, außerdem haben sich bei den vielen Rennen kleine Wehwehchen angehäuft. Diese müssen auskuriert werden, ich gehe jetzt eine Woche aus dem Training raus. Ich bereue aber nicht, dass ich die vielen Rennen gemacht habe. Sie waren in einem vernünftigen Abstand und ich hatte die Form und die Fitness. Daher musste ich dies ausnutzen. Nichts bringt dich weiter als Rennen. Das hat mich heute so sicher gemacht. Jetzt geht es mit den Norddeutschen Meisterschaften weiter. Einen Angriff auf die WM-Norm wird es nicht mehr geben. Ich denke, dass ich nominiert werde. Es wäre blödsinnig, mich jetzt kaputtzumachen und in Moskau hinterherzulaufen."

Bei den Frauen erwischte Jossie Graumann im Hochsprung einen eher durchwachsenen Tag, konnte aber mit übersprungenen 1,74m dennoch sechste bei ihrer ersten großen Frauenmeisterschaft vor großem Publikum werden. Bis zur U20 EM in Rieti in zwei Wochen, muss aber noch ein wenig an der Technik gefeilt werden.

In den Jugendstaffeln gab es zwei Erfolge zu feiern, einen lang ersehnten und eine Überraschung. Die männliche Jugend der U20 schaffte es dieses Jahr im vierten Anlauf und nach Bronze im Vorjahr endlich den Deutschen Meistertitel über 4x400m zu gewinnen (hier gibt es das Video vom Vorlauf und Finale zu sehen). Im Vorlauf lief die Besetzung Domenic Schupp, Mark Dobrzykowski, Dominik Engel und Marcel Matthäs (alle Jg. 94) als Sieger bereits 3:20,84s.
Damit traten sie als Vorlaufschnellste im Endlauf auf Bahn drei mit der Favoritenbürde an. Um auf Nummer sicher zu gehen wurde über Nacht auch noch Marc Koch, der deutsche Hallenmeister über 400m, eingeflogen. Marc war ursprünglich wegen einer Magenverstimmung zu Hause geblieben, um seinen Einzelstart bei der JEM in Rieti nicht zu gefährden. Nachdem es ihm dann aber doch wieder deutlich besser ging, konnte er die Mannschaft im Finale unterstützen. In der Besetzung Domenic Schupp, Mark Dobrzykowski, Marcel Matthäs und Marc Koch war der Staffelsieg von Anfang an niemals ernstlich in Gefahr. Am Ende gewannen die Nord-Jungs mit über vier Sekunden Vorsprung deutlich und zeigten allen anderen Staffeln nur die Fersen. Vor allem Marcel Matthäs brillierte mit einer fliegenden 400m-Einzelzeit von 47,9s. Die Siegzeit von 3:16,36min bedeuten außerdem natürlich auch einen neuen LG Nord Rekord. Den Trainern Nadine Großkopf, Marina Schupp und Reimo Giese gilt der Dank zu dieser Meisterleistung.
Musste man mit der Goldmedaille der Jungen schon fast rechnen, so war die Finalteilnahme der U20 Mädchen weit weniger klar. Zur Überraschung aller konnte sich die Staffel, die nur mit 4:07min und damit der drittschlechtesten Zeit aller 18 Staffeln gemeldet war, auf 3:58,07min verbessern. Als vierte ihres Vorlaufs rutschten Lena Seifert, Caterina Granz, Sarah Hauser und Janice Wobst damit über die Zeitregel als siebente ins Finale. Vor allem Mittelstrecklerin und Rieti-Starterin Caterina Granz konnte fliegend gelaufen in 55,5s auf der Stadionrunde glänzen und brachte der Staffel den entscheidenden Schub nach vorne. Aber auch die anderen verbesserten ihre Saisonbestleistungen deutlich. Für Sportwart Bernd Kunze bedeutete dieses famose Ergebnis allerdings Stress pur, denn für die Nacht von Samstag zu Sonntag waren gar keine Betten gebucht, da die Staffel ursprünglich nach dem Vorlauf nach Hause fahren sollte. In Ulm waren schon seit Wochen wegen der Deutsche Meisterschaften alle Hotelkapazitäten komplett ausgebucht. Nun war guter Rat teuer. Mit viel Telefoniererei und Verhandlungsgeschick gelang es ihm nach einem kleinen Umzug in ein anderes Hotel, die Staffel auch für den zweiten Tag in Ulm unterzubringen. Im Endlauf lief dann Sina Hauser, die noch frisch war, anstelle von Janice Wobst. Auch Sina machte ihre Sache gut, aber da die anderen drei Läuferinnen vom Vortag auch noch etwas müde in den Beinen waren, konnte die Vorlaufzeit nicht mehr ganz erreicht werden. Eine 3:58,50min bedeuteten am Ende wie schon am Vortag Rang sieben und zufriedene Gesichter der Staffelmädels, die ihr unverhofftes Staffelglück kaum fassen konnten. Der Dank gilt hier den Trainern Tobias Dollase und Jive Müller. Zwei Staffeln im Endlauf und fünf beteiligte Coaches sind ein Beweis dafür, dass Staffeln auch auf der Trainerseite jede Menge Teamwork verlangen.